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Bürokratie - weniger ist mehr!

14.10.2024 |

Unter diesem Motto traf sich die lvh-Spitze mit Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrätin Magdalena Amhof im Haus des Handwerks.

In einer Welt, die von stetem Wandel und technologischem Fortschritt geprägt ist, erweist sich übermäßige Bürokratie als hinderlich für Wachstum und Innovation.

Besonders kleinere Unternehmen spüren die Belastungen, die durch komplizierte administrative Prozesse entstehen. Aus diesem Grund organisierte der Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister (lvh.apa) eine Gesprächsrunde zwischen Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik, sowie dem Handwerk.

Ihr Ziel: eine effizientere und wirtschaftsfreundlichere Verwaltung, die den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Luft zum Atmen gibt. Dabei spielen sowohl die Erfassung der größten bürokratischen Hemmnisse als auch konkrete Vorschläge zur Reduzierung der Belastungen eine zentrale Rolle. Zudem sollte die Wirtschaft zukünftig rechtzeitig in Entscheidungen miteinbezogen werden.

lvh-Präsident Martin Haller, die Landesobfrau der Junghandwerker/innen im lvh Priska Reichhalter, sowie die Bezirksobfrau des Bezirks Klausen der Frauen im Handwerk Astrid Waldboth, nahmen gemeinsam mit Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrätin Magdalena Amhof an dem Austausch teil.

Zu Beginn der Gesprächsrunde begrüßte lvh-Direktor Walter Pöhl die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und hob die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Handwerk und Politik hervor. Diese sei der Schlüssel, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die den KMU in Südtirol zugutekommen. Pöhl erklärte, dass dieses Format darauf abziele, die dringendsten bürokratischen Belastungen zu identifizieren und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

Die Hauptbelastungen durch Bürokratie

lvh-Präsident Martin Haller betonte, wie sehr kleine Betriebe unter der Bürokratie leiden. Diese zwinge viele Unternehmen dazu, ihre eigentliche handwerkliche Tätigkeit in den Hintergrund zu stellen und sich zunehmend mit administrativen Aufgaben zu befassen. „Für viele kleine Betriebe stellt die Bürokratie eine Existenzbedrohung dar. Sie sind gezwungen, entweder zu wachsen oder aufzugeben“, so Haller.

Dabei sei es besonders die Überreglementierung, die zu immer mehr Kontrollen und Misstrauen gegenüber kleinen Betrieben führe. Der lvh-Präsident führte außerdem den sogenannten Small Business Act (SBA) an, der auf europäischer Ebene als politischer Rahmen für KMU-freundliche Maßnahmen und Aktionspläne dient. Er wies den Landeshauptmann darauf hin, dass es wichtig wäre sich stärker an diesen Grundsätzen zu orientieren und ob Chancen bestehen, die Bürokratie in kleinen, aber bedeutenden Schritten zu verringern. Haller nannte als Beispiel die Baugenehmigungen und Baukonzessionen, die in vielen Fällen übermäßig kompliziert und unnötig langwierig seien.

Unternehmerin und Bezirksobfrau des Bezirks Klausen der Frauen im Handwerk, Astrid Waldboth, schilderte die alltäglichen Herausforderungen, die vor allem kleine Betriebe aufgrund der Bürokratie bewältigen müssen. Selbst scheinbar kleine Erleichterungen könnten hier bereits eine große Entlastung bedeuten.

Besonders betroffen seien dabei Themen wie die Anstellung von Minderjährigen, das Ausfüllen zahlreicher Statistiken sowie die regelmäßige Wartung von Feuerlöschern und Erste-Hilfe-Koffern. All dies sei nicht nur zeitaufwendig, sondern oftmals auch unnötig komplex.

Die Landesobfrau der Junghandwerker/innen im lvh Priska Reichhalter betonte die Auswirkungen der Bürokratie auf Jungunternehmer/innen und Start-ups.

Gerade junge Menschen, die sich für den Weg in die Selbständigkeit entscheiden, würden durch den bürokratischen Aufwand abgeschreckt. Dabei sollten die Rahmenbedingungen für den Weg in die Selbstständigkeit eigentlich so gestaltet werden, dass der Weg in die Selbständigkeit attraktiver wird. Durch den Abbau administrativer Hindernisse würden junge Menschen den Mut finden, eigene Unternehmen zu gründen.

In kleinen, aber effizienten Schritten Bürokratie abbauen

Landeshauptmann Arno Kompatscher betonte, dass auch die Landesverwaltung oftmals unter dem hohen bürokratischen Aufwand stöhne und daher bestrebt sei, Prozesse zu vereinfachen. Eine Klausurtagung zum Thema bürgernahe Verwaltung und Bürokratieabbau sei in Vorbereitung und werde Ende September stattfinden.

Der Landeshauptmann hob hervor, dass ein pauschales Streichen von Bürokratie, leider nicht möglich sei. Vielmehr bedarf es eines strukturierten und gezielten Vorgehens, bei dem die Landesabteilungen und -ämter miteinbezogen werden, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Der Grundgedanke dabei sei, zu prüfen, wo Dokumente reduziert oder ganze Verfahren gestrichen werden könnten. Ziel sei es, Prozesse effizienter zu gestalten, ohne dabei die Transparenz und Rechtssicherheit zu gefährden. Die Digitalisierung biete dabei neue Möglichkeiten. „Wir brauchen gute Bürokratie, die Transparenz schafft, ohne die Betriebe an ihre Grenzen zu bringen“, so Kompatscher. Ein Beispiel sei die Überarbeitung des Vergabeportals für öffentliche Ausschreibungen. So arbeite man zurzeit daran, die Software neu und damit benutzerfreundlicher zu gestalten. Unter anderem soll beispielsweise die mehrfache Eingabe von Daten zukünftig vermieden werden.

EU-Förderungen und Digitalisierung

Auch die EU-Förderungen waren ein zentrales Thema in der Diskussion. Priska Reichhalter wies darauf hin, dass diese Fördermittel häufig auf Großbetriebe ausgerichtet seien und hohe verwaltungstechnische Hürden beinhalten, die es kleinen Betrieben schwer machen, an die Gelder zu gelangen. Sie fragte Landesrätin Amhof, welche Bestrebungen es gebe, um sicherzustellen, dass Fördermittel verstärkt auch bei kleinen Unternehmen ankommen.

Reichhalter hob außerdem hervor, dass die Digitalisierungsoffensiven der öffentlichen Verwaltung eine große Chance zur Vereinfachung der bürokratischen Prozesse bieten könnten. Sie richtete an Landesrätin Amhof die Frage, wie weit die öffentlichen Verwaltungen in Südtirol in diesem Bereich bereits fortgeschritten seien und welche Auswirkungen dies auf die Entlastung der Unternehmen haben könne. Zudem interessierte sie sich dafür, ob bereits eine Expertenkommission eingerichtet wurde, wie es vom Landeshauptmann angekündigt worden war.

Im Hinblick auf EU-Förderungen machte Landesrätin Amhof deutlich, dass diese auch in Zukunft hauptsächlich auf mittlere und große Unternehmen ausgerichtet sein werden. Kleinbetriebe könnten hingegen auf Landesebene gefördert werden, es sei denn, sie schließen sich zu Kooperationen zusammen und profitieren von der Clusterförderung.

Zur Unterstützung der Digitalisierungsoffensive in der öffentlichen Verwaltung habe das Land sich externe Expertise geholt, um digitale Prozesse zu vereinfachen. Die ersten Bereiche, die voraussichtlich digitalisiert werden, sind, laut Amhof, Personalwesen und Arbeitsmarktservice. Sie unterstrich jedoch, dass es nicht ausreiche, analoge Prozesse einfach digital zu kopieren. Stattdessen müssten die Prozesse grundlegend neu durchdacht und unnötige Arbeitsschritte eliminiert werden. Alles Überflüssige müsse weggelassen werden, bevor ein Prozess digitalisiert werde.

Landeshauptmann Kompatscher fügte hinzu, dass die Vereinfachung im Zuge der Digitalisierung als Ziel in das Aufgabenprofil der Ämter und Abteilungen miteingeflossen ist. Dadurch sollen effiziente Prozesse in diesem Bereich sichergestellt werden. 

Klare Zugangsvoraussetzungen statt Zertifizierungswahn

Astrid Waldboth äußerte ihre Sorgen bezüglich der nationalen Regelungen, wie etwa dem neuen Punkteführerschein auf Baustellen, der alle Betriebe, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen, zu einer aufwendigen Dokumentation verpflichtet. Auch in puncto Arbeitssicherheit plädierte sie dafür, den Regelungswahn zu beenden und stattdessen praktikable Lösungen zu finden, die sowohl für große als auch für kleine Unternehmen handhabbar sind.

Martin Haller erklärte, dass der lvh im Frühjahr eine Online-Plattform eingerichtet habe, auf der Mitglieder ihre größten bürokratischen Belastungen einreichen konnten. Besonders häufig genannt wurde die immense Dokumentation zur Arbeitssicherheit sowie die mehrfache Eingabe von Betriebsdaten, vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen. Haller fragte den Landeshauptmann, wie vorhandene Daten effizienter genutzt werden könnten, ohne sie mehrfach eingeben zu müssen.

Der Landeshauptmann informierte darüber, dass man daran arbeite, eine zentrale Governance für die digitalen Dienste des Landes einzurichten, um Daten aus verschiedenen Datenquellen an einem Ort zusammenzuführen. Allerdings sind hierfür zahlreiche Abkommen mit dem Staat erforderlich, da viele wichtige Daten - wie etwa anagrafische Informationen - in Rom verwaltet werden. Kompatscher erläuterte, dass auch er dem sogenannten „Zertifizierungswahn“ kritisch gegenüberstehe. Er sprach sich vielmehr dafür aus, auf bestehende Daten zurückzugreifen und auf neue Regelungen zu verzichten, wie etwa den Punkteführerschein. Vielmehr ginge es darum, geeignete Voraussetzungen für einen fairen Zugang zu schaffen.

Einbindung der Wirtschaft

lvh-Präsident Haller betonte, wie wichtig es sei die Wirtschaft in die politischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Kompatscher erklärte, dass die Regionenkonferenz eine Möglichkeit darstellt, um als Region beziehungsweise autonome Provinz bereits frühzeitig Rückmeldungen zu Gesetzen und Verordnungen zu geben, welche sich noch in Ausarbeitung befinden.

Der konstruktive Austausch verdeutlichte, dass Bürokratieabbau nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern auch der Wettbewerbsfähigkeit ist. Wenn kleine und mittlere Unternehmen durch übermäßige Reglementierungen überfordert werden, gefährdet dies nicht nur ihre Existenz, sondern auch die regionale Wirtschaft insgesamt. Durch gezielte Maßnahmen, eine stärkere Digitalisierung und eine bessere Abstimmung zwischen Politik und Wirtschaft können langfristig Erleichterungen erzielt und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Der Weg dorthin ist jedoch steinig und bedarf einer strukturierten und konsequenten Herangehensweise.

Zitat Kompatscher:
“Wir brauchen gute Bürokratie, die Transparenz schafft.”

Im Foto (v.l.n.r.): Landesrätin Magdalena Amhof, lvh-Präsident Martin Haller, Bezirksobfrau des Bezirks Klausen der Frauen im Handwerk Astrid Waldboth, Landesobfrau der Junghandwerker/innen im lvh Priska Reichhalter sowie Landeshauptmann Arno Kompatscher.

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